Oh, Seelenschmerz, du bittersüsse Sinfonie
im düsterem Nichts, im gestern und im Jetzt
vertrieben, nein vertrieben
wurdest du nie.
Du solltest ehren deine Mutter,
deinen Vater auch,
so wär es richtig,
so wär es Brauch.

Oh, Seelenschmerz konnt dich nie fassen
ein Schnitt, ein Riss, ein Rinnsal Blut
ich wollt dich hassen,
nur das tat gut.

Nun fließen schwarze Tränen
aus hohlen Augen immerfort
muss mich des Denkens schämen
wünsch mich für immer
an einen toten Ort.

Gedanken haben viel Zeit
Zeit zu wachsen und einen zu überwältigen
Gefühle haben viel Macht
Macht über unser Handeln, über unser Leben
Ängste haben einen langen Atem
Nur ein kleiner Hauch schmeißt uns um
Trauer hüllt uns in schwarzes Nichts
Ein Nichts ohne Rückkehr
Dunkelheit lullt uns ein
weich und Watte-warm
Der Schmerz ist wohlig
wie eine Decke
Gedanken sind wie Worte
Worte die zu einer Geschichte werden
aber nur wenn man zuvor Sätze gelebt hat.

Ich weiß noch genau, wie es begann.
Ich hatte mich geschminkt, meine neuen Klamotten angezogen, hatte schon die Türklinke in der Hand und dann ist es wieder passiert.
Unfähig mich zu bewegen, ich bekam einfach keine Luft mehr.
Ich zitterte so stark, das mir der Schlüssel aus der Hand auf den Boden fiel.
Der Schweiß lief mir am Hals runter, ich konnte nicht mehr klar denken.
Ein halbes Jahr habe ich mich in der Psychiatrie darauf vorbereitet.
Die Tabletten habe ich immer genommen, bin zu den Sitzungen gegangen, habe mich geöffnet, habe geübt und mich begleiten lassen.
Jetzt sitze ich hier, in meinem Hausflur und kann nicht rausgehen, kann nicht leben.
Ich höre den Regen.
Ich höre den Regen in meiner Seele.
In meinem Leben regnet es ohne Ende.

Womit hat es bloß angefangen?
Mit einer harmlosen dahingeworfenen Frage?
Eine Frage, wie etwa: „Hast Du zugenommen?“ oder „Bist du vielleicht schwanger?“
Oder mit der Verkäuferin, die nach der Größe fragt: „L oder doch lieber XL?“
Der Blick in den Spiegel wird skeptischer, die Silhouette stimmt nicht mehr, die eigene Wohnung wird zum Gefängnis.
Hauptsache die Toilette ist in der Nähe und die Apotheke für die vielen Abführmittel und Fatburnertabletten.
Seit vielen Jahren geht das jetzt so. Heruntergehungert auf 35 Kilo. Unzählige Therapien, Zwangsernährung und Klinikaufenthalte.
Der Spiegel als Feind, der mir mit einer hämischen Fratze das Wort „FETT!“ entgegenschleudert.
Die Zähne sind mir schon vor Jahren ausgefallen und ich trage eine eher hässliche Perücke. Passende Kleidung gibt es für mich nicht mehr. Freunde habe ich nicht.
Womit hat das bloß angefangen? Das Hungern, das Hungern nach Leben?
Ich lebe schon lange nicht mehr – meine Seele hat alles aufgefressen, was mich mal ausmachte.
Eine Frage noch: „XS oder Zero?“

Sachen, die wirklich sind,
wirkliche Sachen.
Sachenwirklichkeit ?
Wirklichkeitssachen ?

Ich versuche, es zu analysieren.
Meine Gedanken zu sortieren.
An der Wirklichkeit zu orientieren.

Aber wo ist diese Wirklichkeit ?
Diese wirkliche Wirklichkeit !

Woran erkenne ich sie ?
Diese wirklichen Sachen !

Vielleicht in der Wirklichkeit,
ich glaube,
ich suche einfach weiter.

Ich hatte ein Leben,
mit Sonne und Licht.
Keine Grenzen und Regeln – gab es nicht.

Doch irgendwann,
da verlor ich den Sinn,
sah dunkle Schatten,
ganz tief in mir drin.

Das Leben wurde auf einmal ganz schwer,
ich war nicht einmal mehr Irgendwer.

Der Mut,
die Hoffnung,
alles war fort.
Niemand mehr da,
ich stand irgendwo
an einem einsamen Ort.

Nach einer langen und dunklen Zeit,
bin ich nun
und hier
und jetzt,
wieder für Alles bereit.

Im Gedanken stehe ich neben dir,
im Gedanken versuch ich dich zu trösten.

Im Gedanken wünsch ich dir Glück
und Zuversicht,
im Gedanken wein ich deine Tränen.

Im Gedanken geb ich dir von meiner Hoffnung ab,
im Gedanken schick ich dir,
meine Gedanken
um eine verlorene Freundschaft.

Man sagt, es sei eine Störung.
Eine Störung, die zerstört.
Eine Persönlichkeitsstörung.

Bin ich gestört?
Ich will zerstören,
will Pullis mit langen Ärmeln tragen,
eigentlich kann ich kein Blut sehen.

Aber mein Blut ist klar und dünn,
irgendwie schön,
mein Schmerz ist wie eine Melodie.
Sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf.

Schade, das sie sonst niemand hört.

Man sagt, es sei eine Störung.

Störe ich euch?

Die Menschen hampeln sich ab,
sie machen sich alles unbequem
sie komplizieren alles
und sind vergesslich.
Sie hören und sehen nichts
und sind trotz ihres ständigen Geredes stumm.