Wisst ihr, ich habe die Weisheit weder mit Löffeln gefressen, noch für mich gepachtet, aber irgendwann muss man doch auch mal merken, dass etwas nicht stimmt.

Mit meiner Ansicht stoße ich oft auf Ablehnung und Resignation.
Und das kann ich gut verstehen. Sie ist Gift für eure kleine, heile Welt.
Unsere Welt wird schon lange kontrolliert von Geld, Korruption und Lügen.
Das weißt du, das weiß ich – fast die gesamte Welt weiß es.

In einer Zeit, in der gefühlt jeder dritte Mensch zum Therapeuten geht oder mehrere stationäre Aufenthalte in einer Psychiatrie hatte. In einer Zeit, in der jeder sich selbst fragt, was mit ihm nicht stimmt – warum er nicht funktioniert, nicht dazu passt. In so einer Zeit sollte man mal anfangen zu denken und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Vielleicht sollte man sich mal fragen, was mit unserer Gesellschaft nicht stimmt. Was mit unserem System nicht stimmt.
Wenn man Probleme und Sorgen hat, hört man immer: „Denk‘ nicht so viel nach.“ – aber genau das ist das Problem. Wir denken mittlerweile alle viel zu wenig nach. Wir lassen andere für uns denken. Das hat sich seit etlichen Jahren nicht verändert und das wird uns auch vom Kindesalter an immer so eingetrichtert.

Wir sind alle einzigartig, aber werden in Schemata gepresst, lassen uns in Schemata pressen, da der gesellschaftliche Druck irgendwann zu groß wird. Das fängt direkt nach der Geburt an. Bei den Eltern, die das für sich selbst erfahren haben. Sie bringen einem das alles bei wie sie es gelernt haben, es geht weiter in der Schule, im Studium, im Beruf. Man steht als asozial oder Versager da, wenn man nicht mitmacht, Erwartungen nicht erfüllt, man wird verstoßen, ausgegrenzt.

Und um wieder dazu zu gehören, betäubt man sich mit Alkohol, holt sich die Pillen vom Doktor, raucht exzessiv, nimmt irgendwelche Drogen, entwickelt irgendeine andere Sucht, macht seine Therapien und versucht sich dazu zu zwingen, irgendwelche Regeln zu befolgen, die andere für richtig halten – nur damit man funktioniert. Damit man mit diesem ganzen Scheiß irgendwie klarkommt. Man lässt sich einsperren in einen Käfig und wenn jemand anderes das dann nicht tut, sieht man das als falsch an und versucht diese Leute von der Richtigkeit des eigenen Leids zu überzeugen. Davon zu überzeugen, dass sie den selben Weg gehen müssen.

Man teilt und postet Zitate, Sprüche und Bilder auf Facebook, auf Blogs, Twitter, Instagram und sonst wo. Man identifiziert sich mit dem allen – mit einem Job, einem Schulabschluss, irgendwelchen Diagnosen und Krankheiten, der Kleidung die man trägt, dem Bekanntenkreis, dem Umfeld, einem Land, einer Partei, irgendwelchen Marken, Getränken, Essen und Weltanschauungen – und wollt das auch aller Welt zeigen, euch darstellen, jedem zeigen, wie ihr seid – aber immer mit der allergrößten Mühe und dem Hintergedanken, euch für alle anderen möglichst gut darzustellen und möglichst interessant für andere zu sein. Gleichzeitig darum ringend, sich selbst davon zu überzeugen, dass die eigene Ansicht und Lebensweise richtiger und besser ist als die anderer, weil man, um den Verrat an sich selbst, die Lügen, die man sich selbst erzählt, aufrecht zu erhalten, nicht anerkennen darf, dass das, was andere komplett anders machen vielleicht auch richtig sein könnte.

Wenn das ist, wer ihr seid und wie ihr seid, bin ich echt enttäuscht. Denn dann seid ihr niemand.

An dieser Stelle gebe euch einen Blick hinter die Kulissen.
Einen Einblick, der nichts Atemberaubendes ist, aber dennoch recht interessant für den einen oder anderen sein könnte. An dieser Stelle möchte ich euch nämlich etwas über meinen stationären Aufhalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marsberg berichten.

Dort war ich für etwa 4 Wochen, über den Jahreswechsel von 2010 auf 2011 in stationär untergebracht.
Eine berechtigte Frage an dieser Stelle, ist, warum ich dort war.
Ich befand mich in einer Phase meines Lebens, in der es sehr schwierig für mich war, meinen Weg zu erkennen. Ich wusste nicht wirklich was ich wollte, wohin mit meinem Leben… Außerdem gab es einige Leute in meinem Umfeld, die mehrere Psychiatrieaufenthalte hinter sich hatten und noch einige vor sich haben und mir ein Bild davon zu machen, was das genau bedeutet, war für mich schwierig.

Daher habe ich gehofft, dort würde ich auf Menschen treffen, die mir helfen können, mich selbst besser kennen zu lernen, meine Gedanken weiter zu entwickeln und mir Anstöße zu geben.
Kurz gesagt: ich habe mich selbst eingewiesen

Obwohl ich dort eine „schöne Zeit“ hatte, spreche ich hier von einem Misserfolg, da ein Großteil dieser Hoffnungen sehr schnell zunichte gemacht wurden. Dennoch konnte ich zumindest ein paar Erfahrungen mitnehmen.

(Uninteressant für die meisten, diesen Abschnitt besser überspringen)
Trotzdem bedanke ich mich an dieser Stelle bei folgenden Personen:
bei meiner Mutter, meinem Vater und meiner Schwester, die für mich da waren.
Bei allen Mitpatienten in dem Zeitraum, insbesondere Sandra, Rebecca, Vanessa, Martin, Jens, Tobias, Jasmin, Miriam und den anderen.
Bei Sandra und Stefanie, die mich besucht haben.
Bei Stefan für viele Telefonate, die mir Kraft gegeben haben.
Bei Sheena, die mir immer zur Seite stand und mir einen ewig langen Brief schrieb…
Und allen anderen, die ich eventuell vergessen habe.
(Ab hier weiterlesen)

Mit meiner Bezugsbetreuerin verstand ich mich persönlich nicht besonders gut, was aufgrund der wenigen Gespräche kein großes Problem war. In diesen Gesprächen redete sie meist auf mich ein und ich habe versucht sie zu ignorieren, bis die Zeit um war. Der Grund dafür war, dass ihr Verhalten im Hinblick auf Fairness und Würde gegenüber meinen Mitpatienten meiner Meinung nach nicht angebracht war. Heute ist mir klar: Ihr Verhalten machte mich aggressiv. Ich bin stark aggressionsgehemmt, was dazu führt, dass Aggressionen mich lähmen und ich sah mich weder in der Position, etwas zu bewirken, noch wollte ich Ärger mit einer so autoritären Person haben.

Der für die Station zuständige Therapeut wiederholte sich immer wieder in Sitzungen (wovon es in meiner kurzen Anwesenheit sehr wenige gab) und gab mir das Gefühl im Dunkeln zu tappen.
(dieses Gefühl bekomme ich komischerweise bei fast allen Menschen dieser Art – dass sie immer wieder etwas wiederholen, das für mich offensichtlich ist oder ohne sinnigen Inhalt, wahrscheinlich, weil sie sich gern reden hören… Dieses Gefühl bekam ich bei den Gesprächen mit meinem „Studiencoach“ auch, weswegen ich nach zwei 45minütigen Sprechstunden keine weitere mehr in Anspruch nahm)
Er machte mich darauf aufmerksam, dass ich mich ungern festlegen würde.
Ein längeres Schriftstück, das ich verfasste und ihm zukommen ließ, las
er nur oberflächlich, wodurch ich mich nicht respektiert fühlte. Meine anfangs eher skeptische Meinung verhärtete sich und ich wurde schon nach kurzer Zeit sehr defensiv, wodurch der Therapeut noch weniger mit mir anfangen konnte.

Um das Ganze etwas kürzer zu fassen…
Kurz bevor ich in die KJP (Kinder- und Jugendpsychiatrie) kam, hat mich meine Freundin, die ich zu dem Zeitpunkt hatte nach über einem Jahr verlassen.
In der KJP hatte ich Interesse an einer Mitpatientin (R.). – Wie das eben so ist, wenn man einige Zeit gemeinsam auf relativ kleinem Raum lebt. Darauf ließ sie sich, ebenso wenig wie ich ein. Die Gründe dafür sind an dieser Stelle nebensächlich. Eine Bindung hatte ich dann noch zu einer anderen Patientin, ein wenig kuscheln, ein paar Bussis, nichts Besonderes. – Allein schon wegen den in der Klinik geltenden Regeln (Körperkontakt zu anderen Personen ist verboten). Aber allgemein war das nichts von Bedeutung, aber hatte seinen Reiz zur Ablenkung. Nach meiner Entlassung habe ich sie noch ein mal dort besucht. Danach sahen wir uns nie wieder.

Weihnachten verbrachte ich zu Hause, was übrigens sehr schön war.
Silvester verbrachte ich mit erstgenannter Patientin (R.) gemeinsam in der Psychiatrie.

Ich habe dort mehr gezeichnet als sonst.
Größtenteils aus Langeweile
Ausblick aus meinem Zimmer…

Ausblick aus meinem Zimmerfenster (es lag Schnee)

Ich hatte ein Einzelzimmer.
Einzelzimmer sind besser. Man hat seine Ruhe, ich konnte machen was ich wollte, schlafen wann ich wollte, duschen, wann ich wollte, etc…
Allgemein habe ich mich von Anfang an sehr vorbildlich benommen, weswegen ich mir nach kurzer Zeit alles einiges erlauben konnte, ohne mich vor den Konsequenzen fürchten zu müssen.
So ließ ich des öfteren mal meine „Pflichten“ (wie Fegen oder Sonstiges) sausen, ohne dass es je jemanden interessierte oder riss kleine Witze über Mitpatienten in Anwesenheit der Betreuer, etc.

Die Schule für die Patienten war für mich wenig lehrreich, da alle Patienten einer Altersgruppe zu einer Klasse zusammengefasst wurden und sich der Bildungsstand der anderen Patienten zum allergrößten Teil unter dem meinen befand.
Eine Zeichnung aus dem Unterricht:

Frau auf der Brücke

Eine Woche nach Silvester wurde ich mit Absprache des behandelnden Arztes entlassen.
Die meisten von dort, bis auf R. sah ich danach nie wieder.
Aber das ist eine andere Geschichte.